Seniorenzentrum in Streitberg wird zum Drehort
ARTE dokumentiert die Präventionsmaßnahme „Märchen und Demenz“
„Film ab“ heißt es im Seniorenzentrum Martin Luther in Streitberg: Ein Filmteam des Kultursenders ARTE war zu Gast in der Pflegeeinrichtung der Diakonie Bamberg-Forchheim, um die Präventionsmaßnahme „Es war einmal… Märchen und Demenz“ filmisch zu begleiten.
„Jens, du bist der Hirsch in der Geschichte und Christel, du spielst die Gitti“, teilt Demenzerzählerin Julia von Maydell die Betreuungskräfte in Rollen ein. „Könnt ihr vor euch sehen, welche Gegenstände Gitti für den Hirsch aus dem Regal nimmt? Wenn ihr selbst das Bild im Kopf habt, dann sehen es eure Zuhörer auch, dann transportiert eure Stimme es automatisch“, fährt sie fort. Die Märchenerzählerin ist Teil der Präventionsmaßnahme „Es war einmal… Märchen und Demenz“ von „MÄRCHENLAND – Deutsches Zentrum für Märchenkultur“ und derzeit fast wöchentlich zu Besuch im Streitberger Seniorenzentrum. Ihre Aufgabe ist es, die Diakonie-Mitarbeitenden zu Märchenerzählern zu schulen. Die Rollenspiele, Atemübungen, das Gestik- und Mimik-Training finden unter besonderen Bedingungen statt: Ein Filmteam von ARTE zeichnet einen Teil der Schulung auf, interviewt die teilnehmenden Betreuungskräfte und einige Bewohner.
Besondere Kraft der Märchen
Seit Mai wird die Maßnahme in der Pflegeeinrichtung umgesetzt. Neben acht wöchentlichen Märchenstunden der speziell ausgebildeten Demenzerzählerin für die Bewohnerinnen und Bewohner gehört es zum Programm, einen Teil des Betreuungspersonals in den Häusern zu Märchenvorlesern zu schulen, damit das Programm fortgeführt werden kann. Die Rückmeldungen der Bewohnerinnen und Bewohner seien durchwegs positiv, sagt Ralf Hartmann, der Sozialdienstleiter des Seniorenzentrums. „Bereits in der ersten Erzählstunde zeigte sich eine Atmosphäre der Ruhe und Entspannung – auch bei demenzerkrankten Menschen mit Lauftendenzen. Die Stärke der Märchen ist, dass sie ganz frühe Erinnerungen aus der Kindheit bei unseren Bewohnern wecken. Die Senioren sprechen einzelne Sätze mit, die Geschichten berühren sie und schaffen ein Gefühl der Geborgenheit.“
Betreuungskräfte werden zu Schauspielern
Damit die Bewohnerinnen und Bewohner tief in die Märchenwelt eintauchen können, erhält die Einrichtung unterstützend einen Märchenkoffer. Die golden beschriftete Kiste ist gefüllt mit einem opulenten Märchenmantel für den Erzählenden, einer kleinen Glocke, die zur Einstimmung geläutet wird, und einem großen Märchenbuch. Darin befindet sich ein Grundstock an Märchen, die speziell für das Projekt aufbereitet wurden: Die Verben sind unterstrichen, die direkte Rede ist farbig markiert. „Ein Märchen vorzulesen ist einfach, denkt man immer, aber man kann so viel mehr aus einem Text herausholen, wenn man bei einer direkten Ansprache die Augen aufreißt, die Stimme verändert und passende Handbewegungen macht. Dann schaltet sich das Kopfkino auch bei den Zuhörern ein und der glitzernde Mantel und der Klang der Glocke machen ein richtiges Erlebnis aus der Geschichte“, beschreibt Renate Rauer, Betreuungskraft in Streitberg, das Gelernte.
Projekt ist Ergebnis vierjähriger Forschung
„Märchen und Demenz“ wurde von „MÄRCHENLAND – Deutsches Zentrum für Märchenkultur“ auf Grundlage einer vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegebenen, vierjährigen Studie entwickelt und wird von einigen Pflegekassen gefördert. Märchen werden in Pflegeeinrichtungen gerne vorgetragen. Neu ist, Märchen gezielt als psychosoziale Intervention nach einem wissenschaftlich erarbeiteten Qualitätsstandard einzusetzen. Das Streitberger Seniorenzentrum gehört zu 50 stationären Pflegeeinrichtungen in Bayern, in denen die Maßnahme zum Einsatz kommt. Auch das Diakonie-Seniorenzentrum in Ebermannstadt zählt dazu.
Ausgestrahlt werden die Aufnahmen im Wissensmagazin „Xenius“ von ARTE und bei „Gut zu wissen“ im Bayerischen Rundfunk. Der Sendetermin steht noch nicht fest, voraussichtlich wird er Ende Oktober sein.