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Atem schöpfen: Impulse und Eindrücke von unserem Jahresthema-Gottesdienst in Gaustadt

Anfang April durften wir zu Gast sein in der Kirchengemeinde St. Matthäus in Bamberg-Gaustadt. Gemeinsam feierten wir einen MiteinanderGottesdienst. Thema war unser Jahrsthema "Atem schöpfen". Für alle die, die nicht dabei sein konnten, gibt es hier einige Eindrücke und Impulse aus dem Gottesdienst.

Atem schöpfen - Gedanken aus dem Team Kita St. Matthäus

1.    Wenn ein Kind untröstlich weint und schreit, weil Mama und Papa nicht da sind, fühle ich mich hilflos und atemlos. Aber wenn wir zusammen lachen und uns umarmen, kann ich wieder tief durchatmen.

2.    Mir raubt es den Atem, eine Woche voller Termine und unvorhersehbaren Ereignissen bewältigen zu müssen. Seien sie privat und / oder mit der Arbeit verknüpft. Nichts ist schlimmer für mich als in meiner Freiheit eingeschränkt zu werden. Im Gegenzug dessen hole ich wieder tief Luft durch humorvolle und positive Interaktionen mit den Kindern und Kolleginnen. Kein Sonnenstrahl dieser Erde ist so warm wie das Gefühl der Akzeptanz meiner Mitmenschen auf der Arbeit.

3.    Mir lassen stressige Tage den Atem stocken. Tage, an denen nichts zu funktionieren scheint und es vielleicht auch große Ausfälle im Team gibt. Umso schöner sind die Tage mit den Kindern und meinen tollen Kollegen, an denen alles reibungslos klappt. Diese Zeit und die Gespräche zusammen geben mir wieder neue Luft zum Durchatmen.

4.    Streitigkeiten unter Kindern finden aus unterschiedlichsten Gründen statt. Eine Lösung oder den Grund dafür zu finden, ist nicht immer ganz leicht und lässt mich oft tief schnaufen. Doch wenn die Kinder selbst eine Lösung finden und diese umsetzen, ist das darauffolgende Kinderlachen alle Bemühungen wert gewesen und bringt die Leichtigkeit zurück.

5.    Atem anhalten, Kurzatmigkeit. Ins Stocken kommen. Unbekannte, unvertraute, neue Situationen, die ich das erste Mal lösen muss, rauben mir den Atem. Durchatmen, neue Kraft und Erleichterung spüren kann ich, wenn ich diese Situationen geschafft und gut gelöst habe.

6.    Die aktuelle Pandemiesituation nimmt mir oft die Kraft und lässt mich schwer atmen. Durch das Tragen der Maske sehen die Kinder unsere Mimik nicht. Auch den Mund und unsere Lippenbewegungen können sie nur erahnen. Gerade in der Krippe, wo die Kleinen doch das Sprechen lernen. Frischer Wind zum Durchatmen geben mir die Situationen, in denen ich erkennen kann, wie unbeschwert die Kinder oftmals mit der Situation umgehen und sich dennoch entwickeln und über die kleinen Dinge des Lebens freuen.

7.    Mir raubt es den Atem, wenn ein Kind sich grämt, weil es ihm nicht gut geht, und ich aber nicht weiß, warum oder was ihm helfen könnte. Ich kann aber neue Kraft schöpfen, wenn das Kind wieder munter bei uns ist und ich sehe, wie viel Freude es bei uns hat und wie viele Fortschritte es macht.

8.    Wenn ich an unsere Zukunft denke, die Sparpolitik im Bildungs- und Gesundheitswesen, meine Rente, raubt mir das den Atem.
Komme ich dann wieder in die Krippe, in der ich freundlich begrüßt werde und die Kinder auf ihrem Weg zur Selbstständigkeit begleite, freue ich mich doch, Erzieherin geworden zu sein.

9.    Hektik im Alltag, viele Aufgaben gleichzeitig, den verschiedenen Bedürfnissen der Kinder, der Eltern und der Kollegen nachkommen zu wollen - und das zwischen Telefonklingeln und Computerprogrammen - nimmt mir oft die Luft zum Atmen.
Zu erkennen, dass jeder im Team täglich sein Bestes gibt und jedes Kind im Blick hat, Eltern zu begegnen, die uns vertrauen und sich wohl in unserer Kita fühlen, und am Ende eines Tages, auch wenn er fordernd war, zufrieden zu sein, bringt mich zu mir und lässt mich wieder aufatmen.

Zwei Stationen bot unser Kita-Team St. Matthäus an: Wer mochte, konnte Atemübungen kennen lernen. Wer lieber kreativ werden wollte, konnte Papierflieger falten und - mit seinen Gedanken versehen - in die Luft werfen, ganz nach dem Motto: "loslassen - aufatmen".

Die Anleitung für die Papierflieger gibt es hier (PDF)

Mein letzter Atemzug - Gedanken von Sven Stefan, Berater für gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase

Ich berate Bewohnerinnen und Bewohner in stationären Einrichtungen der Altenpflege des Diakonischen Werkes hinsichtlich ihrer Wünsche, wie sie sich ihre medizinische, pflegerische, psycho-soziale und spirituelle Versorgung in ihrer letzten Lebensphase vorstellen. Also in der Phase des Lebens, in der sich das Sterben ankündigt und der Mensch seinen Willen nicht mehr äußern kann. Es geht darum, wie ich versorgt und begleitet werden möchte, bevor ich das letzte Mal Atem hole, bevor ich meinen letzten Atemzug mache. Und diese Wünsche versuche ich zusammen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern, ihren Angehörigen und Pflegenden zu dokumentieren.

Oft hat man sich im Kreis der Familien vor dem Einzug in die Pflegeeinrichtung zu diesem Thema wenig bis gar keine Gedanken gemacht. „Das machen meine Leut!“ „Der Oma geht’s doch noch gut!“ Es liegt eine gewisse Spannung in der Luft, wenn man dieses Thema anspricht. Aber wenn es dann zu einem Beratungsprozess kommt und ich diese Menschen beraten habe, spüre ich bei vielen ein erleichtertes Aufatmen. Dass man sich doch mit diesem Thema auseinandergesetzt hat und man, besonders für Angehörige und Pflegende eine Grundlage geschaffen ist, nach der man im Sinne der beratenen Person handeln kann.

Die meisten von denen, die ich bisher beraten habe, wünschen sich, dass man in dieser Situation zulassen möge, dass passieren darf, was passieren wird. In der Situation, wenn sie selbst keine Ressourcen mehr haben und jedwede Therapie nur eine Verlängerung des Sterbeprozesses bedeuten würde. Dass man das Sterben dieses Menschen zulässt und er medizinisch gut versorgt, ohne Schmerzen, ohne Angst und Unruhe von uns gehen darf.

Gott hat dem Adam den Lebensodem eingehaucht und theologisch gesehen ist das der gleiche Atem, der uns Zeit Lebens durch Leib und Seele strömt. In meiner Beratung geht es um die Frage, wie ich versorgt und begleitet werden möchte, bevor ich meinen letzten Atemzug mache und endgültig ausatme. Bevor ich in Gottes Hände und ewige Ruhe falle, um bei IHM den neuen Atem ewigen Lebens schöpfe.

Dass passieren darf, was passieren wird.

An der Station von Sven Steffan machten sich die Teilnehmenden Gedanken, wie sie gerne ihre letzte Lebensphase gestalten würden. Die Gedanken sind auf den Fotos nachzulesen.

Durch die Corona-Zeit - Gedanken von Dr. Norbert Kern, Vorstandsvorsitzender

Atem schöpfen

Durchatmen, Verschnaufen, Ausruhen – zur Ruhe kommen und sich besinnen. Diese Attribute kommen mir in den Sinn, wenn ich an „Atem schöpfen“ denke.

•    Nach zwei Jahren in Anspannung wollen wir als Arbeitgeber und als Arbeitnehmer im beginnenden Frühling „Atem schöpfen“ und zur Ruhe kommen.

•    Viele Menschen erkrankten und erkranken am Coronavirus und ringen nach Atem; auch sie benötigen Zeit zum konkreten Durchatmen, erholen und „Atem schöpfen“.

•    Doch auch ohne Pandemie hilft es oftmals nicht schnell zu reagieren oder hektisch zu werden, sondern ruhig zu werden, durchzuschnaufen, „Atem schöpfen“ und erst dann zu reagieren.

Gemeinsam mit Pfarrer Martin Schnurr und Dr. Norbert Kern diskutierte eine Gesprächsrunde an dieser Station das Thema: „Atemschöpfen in einer gespaltenen Gesellschaft“.

Luft zum Atmen - Gedanken von Lehrer_innen aus der Caritas-Diakonie Pflegeschule

Atem schöpfen – Einatmen – Ausatmen – Durchatmen – Beatmen, ...

Wir alle brauchen Luft zum Atmen.
Somit ist Atmen, medizinisch betrachtet, eine lebenswichtige Funktion.
Das Lernen und Lehren wir unseren Auszubildenden an der Pflegeschule.
Bei der Herz-Lungen-Widerbelebung spende ich meinen Atem an Menschen, denen der Atem fehlt.
Das großartige daran ist: Jeder Mensch kann es lernen!

Die Kolleg_innen aus der Pflegeschule zeigten uns an ihrer Station, wie man wiederbelebt.

Eine kurze Anleitung dazu gibt es hier (PDF)

Zeit zum Atemschöpfen - Gedanken von Martin Lutter, Kirchengemeinde St. Matthäus

Warum tue ich mir das eigentlich an? —— Nach einer prallgefüllten Woche voller Arbeit, Dienstreisen, Kinderarztterminen. Nach täglichem frühen Aufstehen, viel zu wenig freier, unverplanter Zeit und wieder mal zu wenig Schlaf. Warum stelle ich mir dann auch noch am Sonntag, dem einzigen richtig freien Tag, den Wecker, treibe die Kinder an und mache mich freiwillig auf den Weg in den Gottesdienst, zumindest ab und zu?  Wäre es nicht viel entspannter, wenn wir uns stattdessen einfach etwas treiben lassen und die freie gemeinsame Zeit genießen würden?

Ja, das stimmt. Das ist auch schon auch sehr schön. Und trotzdem bin ich heute früh hier. Und ich habe mich drauf gefreut! Weil der Gottesdienst für mich auch eine Atempause ist, ein Durchschnaufen. Ich mag es, hier auf meinem Stuhl oder in meiner Bankreihe zu sitzen und dem Geschehen zu folgen. Zuhören (...), Mitsingen (…), meinen Gedanken nachhängen (…) - und wenn es gut läuft, dabei noch die Frühlingssonne zu spüren. Als Teil der Gemeinschaft, und doch auch ganz für mich.

Diese Stunde Gottesdienst schafft Raum und öffnet Türen in mir, für meine eigenen Gedanken, für neue Impulse, manchmal auch für Gott. Ich muss gestehen, ich bin oft nicht besonders gut darin, mir selbst in meinem Alltag regelmäßig einen solchen Freiraum zu schaffen - selbst wenn die Zeit manchmal da wäre. Irgendwie gibt es halt doch meist etwas, was mir Dringender erscheint. Der Gottesdienst gibt mir einen Rahmen zum Innehalten. Jetzt und hier, in dieser Stunde, gibt es nichts anderes zu tun und nichts zu erledigen. Jetzt und hier ist nichts anderes wichtig, Jetzt bin ich einfach nur hier. Und das tut gut.

 

Fürbitten

Wir brauchen die anderen,
die wachen, wenn wir schlafen,
die glauben, wenn wir zweifeln,
die beten, wenn wir schweigen.     
    Guter Gott, wir danken dir für die Menschen,
    die mit ihrer Zeit und ihrer Liebe,
    mit ihrer Kompetenz für uns und unsere Lieben da sind.

Wir brauchen die anderen,
die mit uns gehen,
die mit uns hoffen und bangen,
die müde sind und nicht verzagen,
die wir beanspruchen können
und die wir mit unseren Sorgen und Nöten beladen.
    Guter Gott, wir danken dir für die Menschen,
    die, obwohl Müde und außer Atem,
    immer ein offenes Ohr und ein aufmunterndes Lächeln
    für uns und unsere Lieben haben.

Wir brauchen die anderen,
die mit uns vor dir stehen,
die dich bitten und fragen,
die dir danken und dir zur Verfügung stehen.
    Guter Gott, wir bitten dich, für uns alle,
    gib uns Hände, die mit anpacken,
    Füße, die auf andere zugehen,
    Ohren, die zuhören,
    Münder, die von deiner Liebe erzählen.
    und ein großes Herz
    für alle die Menschen, die uns begegnen.

Wir brauchen die anderen,
weil wir dich lieben, wenn wir sie lieben.
Weil du uns Kraft gibst auf dem Weg zu dir,
wenn wir ihnen begegnen.
    Guter Gott,
    im Miteinander leben und Füreinander da sein
    begegnest du uns in unserem Gegenüber
    und lässt uns schon jetzt teilhaben an deine

 

Herzlichen Dank ...

... an die Kirchengemeinde St. Matthäus, dass wir gemeinsam Gottesdienst feiern durften, und an alle Mitwirkenden und Gäste!

In unserem Impulse-Heft zum Jahresthema finden sich übrigens weitere Texte, eine Andacht und auch Atemübungen. Das Heft gibt es gedruckt (bei Interesse gerne an u.nickel@dwbf.de mailen) oder auch als PDF zum downloaden.

 

Foto ganz oben: unsplash.com